Dienstag, 01. Jul 2025 von 13:30 bis 16:30 Uhr
Der Ausbau erneuerbarer Energien bietet Kommunen nicht nur ökologische, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Chancen. Besonders im ländlichen Raum können Erneuerbare-Energie-Projekte die regionale Wertschöpfung stärken, den kommunalen Haushalt entlasten und neue finanzielle Handlungsspielräume schaffen. Oft fehlt es jedoch an Wissen darüber, wie Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger sich konkret finanziell an solchen Projekten beteiligen oder Projekte selbst umsetzen können – sei es als Investorin, über Genossenschaftsmodelle oder durch Akzeptanzabgaben. Diesen Themen widmete sich die Präsenzveranstaltung in Bakum im Landkreis Vechta.
Zu Beginn stellte Katharina Brüntgens, Fachreferentin für Umwelt- und Regionalplanung bei der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen, die Inhalte des im Jahr 2024 beschlossenen „Niedersächsischen Gesetzes über die Beteiligung von Kommunen und Bevölkerung am wirtschaftlichen Überschuss von Windenergie- und Photovoltaikanlagen“ (NWindPVBetG) vor. Sie zeigte auf, unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger von Windkraft- bzw. Freiflächen-PV-Anlagen (mit einer installierten Leistung von über 1 Megawatt) zukünftig finanziell profitieren können.
Dabei ging es auch um die prozentuale Verteilung der Akzeptanzabgabe auf verschiedene Kommunen, die im 2,5‑km‑Radius einer Windkraftanlage liegen. Zudem wurde auf die Zweckgebundenheit der Einnahmen hingewiesen: Kommunen dürfen die Mittel nicht für „pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben“ verwenden, sondern sollen damit zusätzliche Projekte und Vorhaben finanzieren, die zeigen, dass die lokale Bevölkerung vom Ausbau der Erneuerbaren direkt profitiert – indem die Gelder etwa für kulturelle, soziale oder ökologische Einrichtungen, zur Stärkung des ÖPNV oder zur Reduktion der Energiekosten der Kommune eingesetzt werden.
Jan Hoyer, Vorstandsvorsitzender der Energiegenossenschaft Bakum, stellte den erfolgreichen Prozess der Gründung und Etablierung der lokalen Energiegenossenschaft dar, an der aktuell 340 Bürgerinnen und Bürger in Bakum beteiligt sind. Hoyer betonte, dass sichtbare Wertschöpfung vor Ort auch Begeisterung für EE‑Projekte erzeugt. Insbesondere das Genossenschaftsmodell sei ein passendes und vor allem demokratisches Instrument, um die Menschen vor Ort zu überzeugen, dass ihnen die Energiewende einen konkreten Nutzen bringt. Für die Gründung und Etablierung einer erfolgreichen Energiegenossenschaft brauche es aus seiner Sicht ein bis zwei sehr engagierte Personen mit Expertise, die das Vorhaben als „Zugpferde“ in die Hand nehmen und vorantreiben. Zudem empfehle es sich, die Unterstützung der örtlichen Ratsfraktionen zu sichern und über Infoveranstaltungen die Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot zu holen – die Aufmerksamkeit der lokalen Presse und das Interesse an Genossenschaftsanteilen folgten dann meist automatisch. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit der Energiegenossenschaft, die aktuell 30 Prozent an drei Windenergieanlagen in Bakum-West hält, sei derzeit die Umsetzung eigenständiger Windkraftprojekte in Planung.
Die gewachsene Akzeptanz für erneuerbare Energien, die u. a. durch die Genossenschaft in der Gemeinde Bakum geschaffen wurde, ermöglicht aktuell auch die Umsetzung eines innovativen Pilotprojekts. Mit 40 Haushalten entsteht derzeit eine Energy-Sharing-Community, in der die Mitglieder den Strom ihrer PV-Anlagen miteinander teilen. Da es hierfür in Deutschland jedoch noch keine rechtliche Grundlage gibt, wird der Strom nicht real verteilt. Die Haushalte erhalten jedoch über fiktive Abrechnungen einen kleinen finanziellen Bonus. Für das Projekt haben sich die Gemeinde Bakum, die Energiegenossenschaft, der Versorger EWE und ein österreichisches Unternehmen zusammengeschlossen – und das ganz ohne Fördermittel. Das Ziel: zeigen, was möglich ist, um dann die Politik zu motivieren, Energy Sharing zu erlauben.
Anschließend stellte Tobias Averbeck, Bürgermeister der Gemeinde Bakum, die Aktivitäten seiner Gemeinde im Bereich erneuerbare Energien vor. Mit dem Ausbau von PV-Anlagen auf den örtlichen Schulgebäuden, dem Rathausdach sowie der Sporthalle in Kombination mit Investitionen in eine Anschlussbündelung und einem 300‑kW‑Batteriespeicher sei es der Gemeinde gelungen, die Stromkosten trotz steigender Strompreise in den letzten Jahren stabil zu halten. Gleichzeitig rechne man mit einer Amortisation der Investitionskosten in rund sieben Jahren. Darüber hinaus produziere man in der Gemeinde aufgrund der Windkraft- und diversen Biomasseanlagen sowie zahlreicher Aufdach‑PV‑Anlagen deutlich mehr Strom, als innerhalb des Gemeindegebiets verbraucht werde – man könne daher in diesem Bereich bereits von einem „energieautarken“ Bakum sprechen, so Herr Averbeck.
Auch im Bereich Wärme sei man auf einem guten Weg und produziere bereits 25 Prozent des Wärmebedarfs der Gemeinde aus erneuerbarem Biogas. Trotz sommerlicher Hitze gab Herr Averbeck auch eine kleine Exkursion zur PV-Anlage auf der Sporthalle und zeigte den Gästen die Batteriespeicher, mit deren Hilfe u. a. auch Strom für die kommunale Straßenbeleuchtung bereitgestellt werde. Den anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus anderen Gemeinden empfahl er mit Blick auf die eigenen positiven Erfahrungen für den kommunalen Haushalt, beim Ausbau der Erneuerbaren loszulegen und „einfach zu machen“.
Um auch in Kleingruppen zu den Themen Beteiligungsgesetz, Energiegenossenschaft sowie „energieautarkes Bakum“ ins Gespräch zu kommen und Detailfragen zu diskutieren, wurden im Anschluss an die Impulsvorträge jeweils drei 15‑Minuten‑Runden mit der Referentin und den Referenten durchgeführt. In einer Abschlussrunde wurden die zentralen Erkenntnisse aus den Diskussionsrunden geteilt.
Diese Veranstaltung ist Teil des Themenkomplexes „Regionale Wertschöpfung durch die Energiewende“ und zeigt, wie Kommunen und Bürgerinnen und Bürger durch kluge finanzielle Beteiligung gemeinsam profitieren können. Die Präsentationen der Referentin und der Referenten stehen hier als Folienset zum Download bereit:







Datum:
Dienstag, 01. Jul 2025
Zeit:
13:30 - 16:30 Uhr
Ratssaal im Rathaus Bakum
Kirchstraße 3
49456 Bakum
Niedersachsen